Für die oneBurda-Interview-Reihe „10 Fragen an…“ haben wir uns heute mit Emily Lai, Strategic Finance Manager bei Burda International in München, unterhalten.
Misson erfüllt: In seiner Zeit bei Burda gelang es Roman Miserre und seinem Team, einen eher operativen Einkauf in eine strategische Corporate Einheit zu entwickeln. Zum Beginn des Jahres hat er seine Tätigkeit als Geschäftsführer von Burda Procurement an den bisherigen Director Sourcing, Nils Honerla, abgegeben. Geblieben sind viele Learnings und wertvolle Erinnerungen. Und was nun kommt, ist eine nicht minder spannende Reise!
Ich bin definitiv jemand anderes. Alles andere wäre nach 20 Jahren aber auch eine biografische Vollkatastrophe. Was ich über Management, Leadership, Unternehmertum und Mut weiß, habe ich während und durch meine Zeit bei Burda gelernt. Ein paar Punkte blieben aber auch stabil. Vor meiner Zeit bei Burda stammt etwa ein Vertrag, den ich mit mir als 30-Jähriger schloss: Egal wo du beruflich stehst, spätestens alle 10 Jahre kündigst du, trittst einmal aus deiner Kammer heraus und schaust dir in Ruhe an, was du gelernt hast und von welchen Aspekten des Lebens du gerne mehr hättest. Diesen Vertrag habe ich eingehalten, wie es sich für einen Juristen gehört.
An erster Stelle steht “first who, then what”: digitale Transformation ist zunächst kein IT-Projekt, sondern sollte immer mit und bei dem Team und dessen Haltung sowie Skills beginnen. Zweitens: Wir mussten als Corporate Einheit erst lernen, unternehmerisch zu denken; hierzu mussten wir für uns das Geschäftsmodell, das auch einem Einkauf innewohnt, regelrecht entschlüsseln. Ein weiteres Learning war, welche Zauberkraft es entfaltet, wenn man sich als Team konsequent mit der Frage beschäftigt: in welcher Kultur wollen wir gemeinsam arbeiten und wie definieren für uns Exzellenz. Am Ende dieses Prozesses haben wir dies für uns in ein Culture Deck gegossen, als Art gemeinsamer Teamvertrag.
Damals wollte ich mit ausreichend Zeit Länder besuchen, von denen ich nur Vorurteile oder Klischees kannte und denen ich zutraute, mich zu verunsichern. So entstand meine Reiseliste. Die Länder, die Du gerade genannt hast, sind übrigens weiterhin meine absoluten Reiseempfehlungen, um sein Denken neu zu kalibrieren.
Bei dieser neuen Reise bin ich anders vorgegangen. Ich suchte nach einem Konzept der Langsamkeit und des Flanierens, bei dem ich überall dort anhalten kann, wo ein Ort oder Mensch zu mir spricht. Die Fortbewegung per Rad kam mir - trotz meiner Unsportlichkeit - als ideale Kombination von Entschleunigung und Vorankommen vor.
Berechtigterweise ist das DIE Top 1 der mir am häufigsten gestellten Fragen. Es ist mir jedenfalls nicht gelungen, ihr die Aussicht, im Kaukasus im Regen ein bockschweres Rad den Berg hochzuschieben, als lohnenswertes Projekt zu verkaufen. Auch das gemeinsame Anschauen von Netflix-Raddokumentation bestärkte sie in ihrer Haltung. Aber sie wird mich alle zwei Monate irgendwo auf der Welt besuchen. Und sie baut unsere Wohnung während der Reise als WG um. Es wird also definitiv für uns beide ein Abenteuer.
Top 2 war: Fährst du mit einem E-Bike? Ja, würde ich sofort machen, da habe ich gar keinen falschen Stolz. Aber wo soll ich das Ding da draußen aufladen? Ich bin froh, wenn mein Solarpannel das Handy schafft. Top 3-Frage: Wie finanzierst du das? Nun, mit Kocher, Zelt und Rad in die Welt zu fahren, kostet wahrscheinlich weniger als sich einen Gebrauchtwagen zu kaufen. Will sagen: Ich habe kein Auto.
Ah, jetzt beginnt der philosophische Teil des Interviews. Meine ganze Reise hat ja gar kein Ziel, schon deswegen kann ein solches gar nicht wichtig sein. Es geht mir darum, für einen bestimmten Zeitraum, dem Zufall, den wir oft als Störfall missachten, eine möglichst große Angriffsfläche zu geben. Beruflich sieht das anders aus: Hier zählt schon das Ziel. Hier müssen wir am Ende Nägel in die Wand gehauen bekommen und nicht nur darauf hoffen, dass per Zufall uns mal der richtige Hammer in die Hand rutscht.
Es ist ja kein Sabbatical, sondern ich habe gekündigt. Sabbaticals sind ein tolles Institut, das ich jedem ans Herz legen, da es Freiheit und Sicherheit verbindet. Ich für mich allerdings brauche es im Kopf aber klarer. Daher liegt nun bis Mitte oder Ende 2025 ein völlig weißes Blatt vor mir. Mal sehen, was dabei für mich herauskommt. Aber WENN ich am Ende erneut in einem Unternehmen arbeiten möchte, bleibt Burda DIE Anlaufstelle, falls mich jemand braucht. Ich kenne auch nach 20 Jahren, kein besseres Umfeld, Verantwortung und Freiheit auszuleben: im Alltag und in den Ecken immer etwas unaufgeräumt, aber gerade deswegen ein Ort, der einem unternehmerischen Freiraum lässt, Gravitation zu entfalten.
An diesem Wochenende war in der SZ ein Interview von Arthur C. Brooks, den ich schon dafür liebe, dass er in Harvard Glücklichsein, Führung und soziales Unternehmertum lehrt. Er sagte dort zwei Punkte, die ich absolut teile, erstens: „Glück ist nicht die Folge von Erfolg, sondern die Voraussetzung. Nur wer glücklich ist, kann erfolgreich sein. Nicht umgekehrt.“ Zweitens: „Die Sache ist die: Nur zu wissen, wie man glücklich wird, reicht nicht. Man muss sein Leben auch strategisch danach ausrichten.“ Ich glaube, im Kern wissen wir alle, was uns glücklich macht. Wir richten unser Leben nur nicht konsequent danach aus: zwischenmenschlichen Kontakte pflegen und dafür sorgen, dass man sich im eigenen Leben nicht auf die Rücksitzbank setzt.
Eine Netflix-Dokumentation wird daraus jedenfalls nicht. Aber ich werde auf LinkedIn, Facebook und Instagram (roman_discovers) von Zeit zu Zeit ein paar “lessons from the road” teilen.