Vergangene Woche liefen, radelten, wanderten, skateten und spazierten Kolleg:innen in ganz Deutschland für ein gemeinsames Ziel: mit jedem Kilometer Geld für die Kids der TRIBUTE TO BAMBI Stiftung zu sammeln.
Viele Burda-Mitarbeitende engagieren sich ehrenamtlich oder sozial, übernehmen Verantwortung und helfen in ihrer Freizeit anderen Menschen. Heute stellt Burda-Kollegin Irmgard Giordano ihr Herzens-Engagement vor.
Irmgard Giordano arbeitet in der Abteilung Media Sales beim BCN. Und seit Juli 2020 hat sie als mittlerweile "arbeitende Rentnerin" beim 1992 gegründeten gemeinnützigen Hospizverein Offenburg e.V. einen "Zweitjob". Hier verrät Irmgard, warum sie sich dort engagiert und wie wertvoll ihre ganz persönliche und liebevolle Hilfe für diese Menschen ist.
Wie sieht die Hilfe des Hospizvereins Offenburg e.V. konkret aus?
Der Hospizverein ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein, der ehrenamtlich und mit professioneller Unterstützung arbeitet. Er steht Schwerkranken und Sterbenden sowie deren Angehörigen bei, damit sie diese entscheidende Lebensphase in Würde und Selbstbestimmung erfahren können. Die Unterstützung beginnt, wo immer sich der Mensch am Lebensende befindet. Zuhause, in einer Pflegeeinrichtung oder auch im Krankenhaus. Der Verein bietet Trauerbegleitung in Form von Einzelgesprächen, Beratungsgesprächen oder langfristiger Trauerbegleitung durch geschulte Ehrenamtlichen. Er berät zur Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht und gibt Fortbildungen für medizinisch-pflegerische Berufsgruppen, sowie für weitere interessierte Gruppen. Der Verein bildet in regelmäßigen Kursen – gemäß eines bundeseinheitlichen Curriculums – auch ehrenamtliche Sterbebegleiter:innen und Trauerbegleiter:innen aus.
Kannst Du uns das an einem Beispiel beschreiben?
Eine Frau möchte ihren schwerkranken Ehemann zu Hause pflegen. Die Familie ist am Ende ihrer Kräfte, weil der Pflegebedürftige sehr unruhig ist und die verordneten Medikamente nicht wie gewünscht wirken; Bürokratie und ein undurchsichtiges Netzwerk von Hilfsangeboten tun ihr Übriges. Der Pflegebedürftige äußert jedoch den ausdrücklichen Wunsch, zu Hause sterben zu wollen. Der Hospizverein vermittelt in diesem Fall Hilfe durch das zuständige SAPV-Team eine Brückenpflege. Hierzu muss der Hausarzt zuvor eine Verordnung schreiben. Das SAPV-Team hat in der Folge die Aufgabe, spezielle palliative Symptombehandlung zur Linderung der Beschwerden durchzuführen.
Parallel dazu werden eine ehrenamtliche Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des Hospizverein eingesetzt, um die Familie zu unterstützen, zu entlasten und beratend zur Seite zu stehen. So entstehen zeitliche Freiräume für die pflegende Person und das sichere Gefühl, das Bestmögliche für den Pflegebedürftigen zu leisten. Der Hospizverein vermittelt zwischen den vielfältigen Schnittstellen des Gesundheitswesens, leitet Angehörige und/oder schwerkranke Personen durch das Angebot verfügbarer Hilfen und bringt somit häufig Ruhe und Sicherheit in die bereits sehr belastende Situation. Die Familienmitglieder haben wieder Zeit und Raum, sich einander zuzuwenden und die Phase des Sterbens gemeinsam zu verbringen. Sterben und Tod wird ja in unserer westlichen „Zivilisation“ leider ziemlich tabuisiert.
Warum wird das Sterben so tabuisiert?
In Deutschland, der westlichen Kultur, sind Sterben, Tod und Trauer ganz in den privaten Bereich verrutscht. Zum einen hängt es auch damit zusammen, dass der Großteil der Menschen mittlerweile in Pflegeheimen und Kliniken sterben. Früher starb die Nachbarin oder der Nachbar wirklich „nebenan“. Da hat man als Kind das Sterben schon erlebt. Heute kann man locker 60 Jahre alt werden, ohne je einen Toten gesehen zu haben oder direkt damit konfrontiert zu werden. Dadurch verlieren viele Menschen auch den inneren Zugang zu diesem Thema und sind dann schnell überfordert.
Wie gehst Du persönlich mit dieser ständigen psychischen Belastung um?
Wir ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen erhalten in regelmäßigen Abständen verpflichtende Praxisbegleitungen und Supervisionen (auch mit externen Beratern). Bei Bedarf werden Einzelgespräche mit der Einsatzleitung des Vereins angeboten. Die Fürsorge für die Ehrenamtlichen hat Priorität. Für Vorstände, Ehren-und Hauptamtliche gleichermaßen ist die Einhaltung der eigenen Grenzen und eine gute Selbstpflege (Psychohygiene) wichtig. Das Schaffen eigener Ruhepunkte stärkt einen nachhaltig für die wichtige Arbeit. Das weiß ich gerade auch aus eigener Erfahrung, weil ich derzeit meine kranke Tochter pflege.
Wie hilfst Du Todkranken, in ihren letzten Tagen ein Stück Lebensqualität zu behalten?
Der Verein hilft durch Anwesenheit und Zuwendung auf dem letzten Lebensweg. Die Wünsche der schwerkranken, sterbenden Person haben Priorität und es wird immer versucht, darauf einzugehen. Die Hilfe des Vereins ist zugewandt, gibt Orientierung und Rückhalt in schwierigen Zeiten.
Was können Angehörige und Freunde tun, um den Abschied zu erleichtern?
Dies muss jeder Mensch individuell für sich beantworten. Besonders wichtig ist jedoch immer, die eigenen Kräfte zu stärken. Wege, um zur eigenen Kraft zu finden, können in Ritualen bestehen, in der Schaffung von Trauerorten, in einer frühzeitigen Trauerbegleitung, durch festen Familienzusammenhalt, aber auch das Aufsuchen der Einsamkeit oder therapeutische Hilfe. Für den Übergang kann auch ärztliche Hilfe in Form von Medikamenten hilfreich sein, um z.B. den Schlaf zu fördern. Hier wünscht sich die Hospizbewegung mehr Offenheit, damit Menschen, die professionelle ärztliche Hilfe annehmen, nicht stigmatisiert werden. Essenziell sind Anlaufstellen, an denen das Erlebte per Kommunikation verarbeitet werden kann.
Wie könnten wir als Gesellschaft besser mit dem Sterben umgehen?
Im Vergleich zum Sterben von Kindern oder humanitären Katastrophen wird das Versterben von (hochbetagten) erwachsenen Menschen als „normal“ angesehen. Diese Ansicht ist nicht grundsätzlich falsch, vergisst dabei jedoch, dass auch alte Menschen Ängste und Leiden haben, die ihnen das Sterben schwer machen. Es wird vergessen, dass Angehörige trotzdem die Mutter oder den Vater verlieren und dies sehr schmerzhaft und schwer sein kann. Die Gesellschaft gesteht Trauer um den hochbetagten Elternteil nur bedingt zu, während Trauer z.B. um ein Kind allgegenwärtig sein darf. Dieses Phänomen wird als "entrechtete Trauer" bezeichnet und stellt ein Tabu dar, dass der Hospizverein stetig aufzulösen versucht. Je jünger ein Mensch bei seinem Tod ist, desto eher wird Trauer zugestanden. Sterben und Trauer sind so individuell wie jeder Mensch. Der Hospizverein Offenburg e.V. setzt sich daher seit fast 30 Jahren dafür ein, dass jeder Mensch in seinem Sterben und in seiner Trauer Anerkennung und Raum findet.