Vor den Neuwahlen herrscht Hochbetrieb in den Redaktionen. Markus Hurek, Politikchef bei Focus, gibt Einblicke in die Arbeit von Politikjournalist:innen und erklärt, warum nicht nur der Wahlsonntag, sondern auch die Zei…
Die Frage, wie man den Klimawandel verlangsamen kann, treibt viele Menschen um. Manche bauen Solarpaneele aufs Dach, andere verzichten auf Fleisch oder Fernreisen, nutzen das Fahrrad anstatt dem Auto. Und dann gibt es Barbara Wörz: Sie bietet Klimaschutz zum Anklicken an. Wer ClimaClics Lose kauft, investiert in eine bessere Zukunft – und entscheidet selbst, welchem gemeinnützigen Projekt das Geld zugutekommt.
Als Geschäftsbereichsleiterin Consumer Products bei BurdaDirect gründete sie 2022 ClimaClic, Deutschlands erste Klimalotterie. Die Idee: Ein Los kaufen, den Klimaschutz fördern – und mit etwas Glück gewinnen. Ein Drittel des Spieleinsatzes fließt in gemeinnützige Klimaschutzprojekte, ein Teil als Steuern an den Staat, der Rest in den Jackpot. Doch wie kann eine Lotterie im Kampf gegen die Klimakrise helfen? Und: Ist es ethisch vertretbar, Menschen zum Glücksspiel zu bewegen, um Gutes zu tun?
Die Idee zu ClimaClic entstand im Hitzesommer 2018: 36 Grad im Schatten, wochenlange Trockenheit. In Barbaras Heimat im Schwarzwald mussten Tanklaster Bauernhöfe mit Trinkwasser versorgen. Für Barbara Wörz ein Wendepunkt: „Das war für mich ein klares Alarmsignal. Ich wusste: Ich muss etwas tun.“
Doch warum ausgerechnet eine Lotterie? „Die Idee war kein Zufall“, erzählt sie. Barbara arbeitet seit über 20 Jahren bei BurdaDirect, entwickelt mit ihrem Team Marketingstrategien für Lotteriegesellschaften – und ist folglich Expertin auf diesem Gebiet. „Bei Lotterien gibt es strenge gesetzliche Vorgaben. Wer sich da nicht auskennt, hat es schwer. Wir wussten, worauf es ankommt.“ Ob steuerliche Vorschriften, Unterschiede in den Bundesländern oder die Erstellung eines Gewinnplans – Barbara und ihr Team waren vorbereitet.
Was lag also näher, als das erprobte Modell auf den Klimaschutz zu übertragen? Das Konzept einer Soziallotterie war nicht neu – Formate wie Aktion Mensch zeigen seit Jahrzehnten, wie sich Glücksspiel und Gemeinwohl verbinden lassen. Für Barbara war klar: Es braucht so etwas auch für den Klimaschutz. „Der betrifft uns alle – also müssen auch alle mithelfen“, sagt sie. Für sie war die Lotterie kein Widerspruch, sondern eine Chance, berufliches Know-how und persönliches Engagement zu vereinen: „Warum nicht ein Modell schaffen, das es Menschen einfach macht, etwas beizutragen?“
Barbara stellt klar: ClimaClic wird die Klimakrise nicht lösen. „Das soll es auch nicht“, sagt sie. Vielmehr versteht sich die Lotterie als zusätzlicher Impuls – ein Angebot an all jene, die ihren Alltag nicht komplett umkrempeln können oder wollen. „Es gibt viele Menschen, die bewusst auf Fleisch oder Flugreisen verzichten. Aber nicht jeder kann oder will so leben“, erklärt sie. „Wir wollten ein Modell schaffen, das klimafreundliches Handeln niedrigschwellig ermöglicht.“
Die Idee dahinter: ein paar Euro, der Kauf eines Loses – und ein kleiner Beitrag fürs Klima. 30 Prozent des Spieleinsatzes fließen direkt in gemeinnützige Klimaschutzprojekte. Über 770.000 Euro sind bislang in die gemeinnützigen Projekte geflossen: in PLANT-MY-TREE, das in Lüdenscheid 65 Hektar Wald sichert; in den NABU-Moorschutz, der insgesamt 500 Hektar Moorflächen wieder moornäher macht; und in One Earth – One Ocean, das mit dem Müllsammelschiff „SeeHamster“ und Reinigungsaktionen im Mekong Flüsse von Plastik befreit. Wohin das Geld geht, entscheiden die Teilnehmenden selbst. Wer gewinnt, darf sich freuen. Wer verliert, hat immerhin etwas gutes fürs Klima gemacht.
Doch ist das genug? Oder dient der Loskauf eher dem eigenen Gewissen als dem Planeten? Barbara macht klar: „Wir wollen nicht das Gewissen beruhigen, sondern ein Bewusstsein schaffen.“ Jede:r Teilnehmende muss sich für ein konkretes Projekt entscheiden und wird über dessen Entwicklung regelmäßig informiert. Über Newsletter, Einblicke in Projektfortschritte und lokale Aktionen sollen Spieler:innen motiviert werden, auch im Alltag klimafreundlicher zu handeln. So schafft ClimaClic immer wieder Kontaktpunkte mit dem Thema Klimaschutz, erklärt sie.
„Natürlich hoffen wir, dass sich die Menschen über das Los hinaus für den Klimaschutz engagieren“, sagt sie. „Wenn das gelingt: super. Und wenn nicht – dann haben sie zumindest finanziell etwas Gutes getan.“
Wie bei anderen Lotterien zielt auch ClimaClic nicht auf den einmaligen Loskauf ab. „Nur mit regelmäßiger Teilnahme können wir langfristig etwas bewirken“, sagt Barbara. Doch liegt darin nicht auch ein Risiko? Führt wiederholtes Spielen nicht unweigerlich in die Sucht?
„Wer schnell Geld verdienen möchte, wird sich sein Los vermutlich nicht bei uns kaufen“, entgegnet sie. ClimaClic setzt bewusst auf kleine Einsätze, ein striktes Ausgabelimit und eine moderate Spielfrequenz. Die Ziehung findet nur einmal pro Woche statt, der Maximaleinsatz liegt bei 24 Euro. „Für Menschen mit Spielsuchtproblem sind wir schlicht unattraktiv.“
Auch eine aktuelle Studie der Lancet Public Health Commission kommt zu dem Schluss: Das Suchtpotenzial klassischer Lotterien und Soziallotterien wie ClimaClic ist deutlich geringer als bei Online-Casinos, die Nutzer mit Rund-um-die-Uhr-Reizen und Algorithmen binden.
„Natürlich kann man nie ganz ausschließen, dass jemand in problematische Muster rutscht“, sagt Barbara. Deshalb setzt ClimaClic auf Transparenz und Aufklärung. Auf der Website finden sich Hinweise zu Risiken, ein Selbsttest, Hilfetelefone und konkrete Anlaufstellen. „Wir wollen niemandem das Geld aus der Tasche ziehen“, betont sie. „Wir wollen, dass die Menschen das geben, was sie können – um der Umwelt etwas zurückzugeben.“
Um den Klimawandel aufzuhalten braucht es einen Systemwandel: Sei es die Energieversorgung, das Ernährungssystem oder der Ressourcenwandel. ClimaClic wird das alleine nicht erreichen.
Aber es bietet einen einfachen Einstieg und eine Möglichkeit, etwas beizutragen, ohne erhobenen Zeigefinger, ohne alles im Leben umkrempeln zu müssen. „Wir sind nur ein kleines Rädchen im Klimaschutz“, sagt Barbara. „Aber es braucht die Vielfalt an Initiativen. Nur dadurch entsteht echte Bewegung. Und wenn wir mit ClimaClic unsere Zielgruppe dazu bewegen, sich überhaupt mit dem Thema zu beschäftigen, haben wir schon Großes erreicht.“
Fakt ist: Der Klimawandel lässt sich nicht mit einem Los aufhalten. Aber wer ein Clima-Los von ClimaClic kauft, beginnt vielleicht, umzudenken.