Im Untergeschoss der Arabellastraße liegt die historische Schatzkammer Burdas. Sabrina Maier und Martin Amling wachen über die Dokumentation. Ihre Mission: das Gedächtnis Burdas zu erhalten. Ihr Helfer: ein Scanner.
Der Wahlsonntag – ein Tag, der das Land verändert. Während Wähler:innen ihre Stimmen abgeben und die Politik den Atem anhält, tickt die Uhr im Newsroom von Focus Online. Noch während die Wahllokale geöffnet sind, beginnt der Nachrichten-Marathon. Prognosen, erste Ergebnisse, unerwartete Wendungen – jede Nachkommastelle kann die politische Landschaft verschieben: Reicht es für eine Koalition aus Union und SPD? Oder verhindert das Bündnis Sahra Wagenknecht ein Zweierbündnis?
Wir haben die Kolleg:innen von Focus Online durch die Wahlnacht begleitet. Hier lest Ihr das Minutenprotokoll.
Sonntag, 23. Februar 2025, 17.00 Uhr: Noch eine Stunde, dann schließen die Wahllokale. Im Newsroom von Focus Online herrscht gespannte Stille: 40 Redakteur:innen sitzen vor ihren Bildschirmen, die ersten Sondersendungen laufen, Push-Benachrichtigungen der Agenturen sind aktiviert. Durch erste ecit polls ist klar, wo die Reise hingehen wird. Alle warten auf die ersten offiziellen Prognosen.
17.40 Uhr: Focus-Online-Chefredakteur Florian Festl hält die letzte Ansprache. Er schwört das Team ein: „Es sind auch Abende wie diese, für die wir unsere Arbeit lieben. Sie fordern uns, aber treiben uns auch an. Lasst uns heute gemeinsam Geschichte schreiben!" Alle im Raum wissen: Gleich zählt jede Sekunde. Ruhe und höchste Konzentration.
17.54 Uhr: Die Redakteur:innen sitzen an ihren Plätzen. Es herrscht Stille im Raum. Die Anspannung steigt.
18.01 Uhr: Es ist der Moment, auf den alle gewartet haben: Die ersten Prognosen laufen über die Bildschirme. Die Union führt, die AfD ist zweitstärkste Kraft. In Sekunden werden die Daten verarbeitet: Zahlen analysiert, Videos erstellt, Texte geschrieben. Die Tastaturen klackern. Die erste Eilmeldung zur Hochrechnung ist um 18.03 Uhr bei zwei Millionen Breaking-News-Abonennt:innen der App.
18.05 Uhr: Die Wahlbeteiligung wird verkündet. Laut ARD-Hochrechnungen liegt sie bei 84 Prozent – der höchste Wert seit 1987. Durch die Redaktion geht anerkennendes Raunen.
18.15 Uhr: Der erste Kommentar von Focus-Online-Chefredakteur Florian Festl geht live. Er hat aufgeschrieben, welchen Friedrich Merz das Land jetzt braucht – und welche Klippen die neue Regierung dringend umschiffen muss. „Egal, welche Zahlen der Abend noch bringt – das Land braucht jetzt einen fundamentalen und gut organisierten Aufbruch“, schreibt er.
18.20 Uhr: Während bei den Parteien die Anspannung eines monatelangen Wahlkampfs abfällt, herrscht im Newsroom Hochspannung. Die wichtigsten Fragen der Leser:innen werden antizipiert: Schafft es die FDP in den Bundestag? Wie stabil kann eine künftige Regierung sein? Was wollen wir kommentieren?
18.36 Uhr: „Ruhe bitte!“, ruft der Chef vom Dienst (CvD) durch den Raum. Maik Mosheim ist so etwas wie der Kapitän an Bord der Focus Online, als DJ der Homepage steuert er das Team durch die Nacht, passt auf, dass keine Themen “runterfallen” und jeder seine Aufgaben kennt. An seiner Seite: Newsmanager Till Dörken, der die neuesten Entwicklungen für den Live-Ticker zusammenfasst.
18.40 Uhr: Neben Texten und Grafiken steht an diesem Abend auch Video-Content im Fokus. Journalistin Carolin Blüchel steht vor der Kamera, interviewt Chef-Korrespondent Ulrich Reitz. Live aus Berlin liefert er eine erste Einschätzung der Ergebnisse. Tenor: Merz hat gewonnen – wird es aber wegen des starken AfD-Ergebnisses trotzdem schwierig haben.
18.42 Uhr: Die erste Videoreaktion des Bundeskanzlers. Im Ticker zu sehen: Scholz gratuliert Merz zum Regierungsauftrag: „Herzlichen Glückwunsch zum Wahlergebnis.“ Gleichzeitig bereitet das Social-Media-Team die News für Instagram, Facebook, den WhatsApp Channel, X und YouTube auf.
18.47 Uhr: Nach und nach treten Parteivertreter:innen vor die Kameras. Die Live-Sendung schallt laut aufgedreht durch die Redaktion. Manche tippen mit, ziehen Zitate, andere vergleichen die Aussagen mit früheren Statements oder schneiden Videos. Auf den anderen Bildschirmen laufen die News der anderen Nachrichtendienste: Ntv, Bild, T-online, Spiegel, Welt, Handelsblatt. Man behält die Konkurrenz im Blick.
18.52 Uhr: Der Newsroom summt. Teams-Nachrichten oder Mails dauern zu lange, die Kolleg:innen rufen sich über die Schreibtische zu: „Könntest du die Schlagzeile noch anpassen?“ oder „Wir brauchen ein anderes Bild für das Video.“
19.00 Uhr: Mittlerweile ist die dritte Hochrechnung eingetroffen. Keine großen Ausschläge nach oben oder unten. Offen bleibt trotzdem vieles: In der ARD würde es für eine Zweierkoalition aus Union und SPD reichen – laut den Zahlen im ZDF nicht. „Das wird ein langer Abend”, sagt ein Redakteur.
19.15 Uhr: Eine kurze Verschnaufpause – zumindest für ein paar Minuten. Der Pizzabote bringt Stärkung, während die Streams von ARD, ZDF und Co. weiterlaufen. Zur Not muss die Tastatur als Teller dienen: Die neuesten Infos wollen raus. Insbesondere der CvD sowie die Redakteure an der Front – dem sogenannten Newsdesk – arbeiten weiter. Eine Eilmeldung nach der anderen. „Richtig Zeit zum Durchatmen haben wir heute Abend nicht. Ist aber an so einem Wahlabend auch völlig normal. Das macht die Arbeit auch aus. Adrenalin fließt durch den Körper. Das sind die Tage, für die ich als Nachrichtenjournalist lebe“, sagt Maik, ohne den Blick von den Bildschirmen vor ihm zu wenden.
19.34 Uhr: Die vierte Hochrechnung trifft ein. Diesmal mit größeren Änderungen. Die AfD knackt nun doch die 20-Prozent-Marke. Die Grünen verlieren. Die FDP verharrt weiter bei 4,9 Prozent, würde also aus dem Bundestag fliegen. Damit geht die sechste Eilmeldung des Abends raus.
19.38 Uhr: Mit Pizza auf dem Teller, aber Blick auf die Bildschirme geht es weiter. Jede Zahl, jede Entwicklung könnte entscheidend sein. Wie behält man bei diesem Tempo den Überblick? „Übung, Übung, Übung“, sagt Maik. „Und ein ständiger Blick auf X. Dort gibt es Updates im Sekundentakt.“
19.40 Uhr: Plötzlich eine Meldung abseits der Wahl: Der Papst leidet an schwerer Niereninsuffizienz. CvD Maik Mosheim bleibt ruhig: „Wir müssen schnell sein. Aber unser Fokus auf die Wahl bleibt – wir sehen es als unseren zweiten Nachrichtenauftrag.“
21.10 Uhr: Auf den Bildschirmen läuft die „Berliner Runde“. Die Spitzenkandidat:innen aller großen Parteien diskutieren die Ergebnisse. Welche Koalitionen sind denkbar? Welche Reformen stehen an? Die Redaktion hört zu, analysiert, schreibt mit. Die Journalist:innen filtern die Kernbotschaften heraus: Merz wirkt vorsichtig-zufrieden. Hat Christian Lindner gerade seinen Abschied als FDP-Parteivorsitzender angekündigt? Jede Aussage kann eine Schlagzeile bedeuten.
21.30 Uhr: Der nächste Videodreh. Diesmal hat Moderatorin Carolin Blüchel im Nachrichtenstudio Verstärkung durch den Chefredakteur Florian Festl. Live-Schalte mit Chefkorrespondent Ulrich Reitz, der aus der Hauptstadt berichtet. „Neben den Zahlen ist auch die unmittelbare politische Einordnung entscheidend“, erklärt Florian.
21.35 Uhr: Das Videoteam schneidet mit Hochdruck. Geschwindigkeit ist alles.
22.10 Uhr: Die ersten Kolleg:innen verabschieden sich in den Feierabend. Diejenigen, die bleiben, arbeiten konzentriert weiter. Noch immer ist unklar: Können sich Union und SPD in ein stabileres Zweierbündnis retten? Oder brauchen sie für eine Mehrheit einen dritten Partner, zum Beispiel die Grünen? Das würde alles noch komplizierter machen.
22.23 Uhr: FDP-Chef Christian Lindner verkündet seinen Rücktritt auf X. Neben den öffentlich-rechtlichen Medien behalten die Redakteur:innen auch die Social-Media-Channels der Parteiabgeordneten im Blick. Zack: Nächste Schlagzeile gesetzt. Die zehnte Eilmeldung des Abends geht raus.
22.30 Uhr: Der Focus-Online-Wahl-Talk ist online.
23.00 Uhr: Die Zahlen verdichten sich, die Trends werden klarer: FDP und BSW scheinen es beide nicht in den Bundestag zu schaffen. Der Weg für eine Union-SPD-Koalition wäre frei. Pressesprecher:innen reagieren, neue Interviews gehen online. Auch nach fünf Stunden höchster Anspannung bleibt das Ziel im Newsroom gleich: Die Ersten sein, die berichten.
Montag, 24. Februar 2025, 01.47 Uhr: Alle Wahlkreise sind ausgezählt. Die letzte Eilmeldung des Abends geht raus.
01.57 Uhr: Die letzten Redakteur:innen aus der Tagesschicht klappen ihre Laptops zu, die Nachtschicht übernimmt die nächste Runde. Die Berichterstattung geht weiter, der Nachrichtenstrom reißt nicht ab. Ein Wahltag im Newsroom? Adrenalin pur. „Es war ein pulsierender Abend, und so wird es auch die nächsten Tage bleiben“, fasst Florian Festl den Abend zusammen.
01.58 Uhr: Während Deutschland schläft, arbeitet das Team bereits an den nächsten Updates – damit es neue Nachrichten gibt, wenn das Land in ein paar Stunden wieder erwacht.