Gemeinsam mit der Tribute to Bambi Stiftung rief die Näh- und Handarbeitsmarke Burda Style zum Nähen und Häkeln für den guten Zweck auf. Über 700 Trostmonster konnten an die AETAS Kinderstiftung überreicht werden.
„Ich war emanzipiert, schon als Kind. Ich bin so geboren.“ Mit diesem Aenne Burda-Zitat von 1994 beginnt das neue Buch „Aenne Burda – Kindheit und Jugend in Offenburg“ und genau diese Lebenseinstellung war der Grundstein für ihren späteren Erfolg als Mutter des heutigen Unternehmens Hubert Burda Media. Heute Abend um 20:15 Uhr strahlt Das Erste den ersten Teil des zweiteiligen TV-Spielfilms „Aenne Burda – Die Wirtschaftswunderfrau“ aus. Die Offenburger Eisenbahnertochter hatte ein klares Ziel vor Augen und sie war wie ein Zug, der nicht zu stoppen ist, der hinaus will in die Welt. Angetrieben und angefeuert von eisernem Willen und brennendem Ehrgeiz. Mit Volldampf voraus!
Startbahnhof: Die Arbeiterklasse
Klassenschranken? Nein, danke! Als Eisenbahnertochter aus der Offenburger Gaswerkstraße strebte Aenne Burda schon als Kind nach Höherem. Mit 21 heiratete sie den sechs Jahre älteren Verleger Dr. Franz Burda – er war ihr Ticket raus aus dem kohleverstaubten Eisenbahnermilieu. Mit ihm war sie endlich in der feinen Gesellschaft angekommen.
Franz Burda besaß anfangs nur eine kleine Druckerei, aber ebenfalls großen Ehrgeiz. Sein Durchbruch war die Investition in eine Tiefdruckmaschine. Und so erfolgreich er als Unternehmer war, so viel Erfolg hatte er bei den Frauen. Trotz glücklichem Familienleben samt der drei Söhne Franz, Frieder und Hubert, die Aenne ihm im Laufe der Ehe schenkte, unterhielt der Verleger eine Nebenfrau, seine Ex-Sekretärin Elfriede Breuer, mit der er sogar eine Tochter hatte. Nicht nur das: Er finanzierte der Geliebten eine Modezeitschrift, „Elfi Moden“, genau die Zeitschrift, die seine Ehefrau machen wollte. Als Aenne davon erfuhr, setzte sie sich gegen die Konkurrentin durch und bekam 1949 den verschuldeten Verlag mit 48 Mitarbeitern. Die Geburtsstunde ihrer Karriere. Da war sie bereits 40 Jahre alt. Und ab diesem Moment war sie nicht mehr nur die Frau des „Senators“, sondern Aenne Burda. Unabhängig und visionär. Das war das Besondere an ihr: Sie setzte ihre Träume konsequent in die Wirklichkeit um. Sie war mutig, spontan und stand hinter ihren Entscheidungen. Der Preis, den sie dafür zu zahlen bereit war: zehn bis zwölf Stunden täglich im Büro. Ihre Familie sah sie seitdem meist nur zum Frühstück oder am Wochenende.
Aenne Burda erfüllte sich ihren Wunsch nach Unabhängigkeit und Freiheit zu einer Zeit, in der Emanzipation noch ein Fremdwort war. „Für mich ist Emanzipation vor allem eine geistige Haltung“, schrieb Anne später in eine ihrer Kolumnen. „Sich ebenbürtig und gleichberechtigt zu fühlen, darauf kommt es an.“ Sie schätzte Frauen, die die Ärmel hochkrempeln und für ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit arbeiten. Sie war Vertreterin einer neuen Ära, einer neuen Gesellschafts- und Weltordnung, in der Mädchen und Frauen erst anfingen, Berufe auszuüben. Sie selbst sagte später: „Ich bin ein typisches Beispiel für eine Zeit, in der sich alles verändert hat.“
Nächste Station: Die Königin der Kleider
Aenne strickte sich ihr eigenes Erfolgsrezept: Einen Mix aus tragbarer Mode zum Selbermachen, Haushaltstipps und Rezepten. „Ich bin eine durch und durch praktische Frau und wusste, was die Frauen brauchen", sagte die dreifache Mutter später. Es gab ja wenig Konfektionsware, und wenn, war sie absurd teuer. Aber es gab Stoffe. Nähen konnten damals alle Frauen. Schnittmuster gab es zwar schon im 19. Jahrhundert, aber sie erfand sie quasi neu und druckte sie praktischerweise im Verlag des Senators. Und sie ließ die Frauen erst einmal vermessen, damit sie die tatsächlichen Kleidergrößen ermitteln konnte. Burda-Schnitte versprachen die perfekte Passform. Und die Schnitte wurden im Laufe der Jahre immer wieder an den deutschen Durchschnitts-Frauenkörper angeglichen.
1950 erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift, die sie „Burda Moden“ nannte. „Einen Mann hat jetzt die Käte, weil sie nach Burda Moden nähte“ lautete der Werbeslogan der frühen Jahre ab 1950. Aenne hatte eine Mission: Sie wollte Frauen schöner machen, selbstbewusster. Dank Ihrer Zeitschrift wurde es allen möglich, schicke, modische Kleidung nach den Pariser Modeschauen selber zu nähen und zu tragen. Aenne traf den Nerv der Zeit – das Geld für Mode und Beauty war knapp, das Näh-Magazin erfüllte die Träume von Millionen Frauen. Damit demokratisierte sie die Mode weltweit und machte sie für jeden erschwinglich. Mit viel Geschäftssinn, Durchsetzungskraft und einem recht energischen Führungsstil stellte die Geschäftsfrau die Weichen in die richtige Richtung. Sie war es, die den Weg bestimmte, niemand sonst. „Ich wollte erreichen, was ich wollte." Einfach nicht zu bremsen.
Zwischenstopp: Die Wirtschaftswunderfrau
Die anfangs belächelte Verlegerin aus dem provinziellen Offenburg erkämpfte sich ihren Platz in der internationalen Modewelt, ganz vorne, in der ersten Reihe, wo sie, anmutig, stolz und schön, die Schauen verfolgte. Und die ehrgeizige Geschäftsfrau kaufte Konkurrenzblätter auf: „Ihre Mode“ (1950), „Geo-Moden“ (1954), „Praktikus/Susann“ (1955), „Beyer-Moden“ (1963). Februar 1957 erreichte die verkaufte Auflage von „Burda Moden“ erstmals eine halbe Million Exemplare und 1965 überschritt die Auflage die Millionengrenze. Und weil die räumlichen Grenzen durch den wachsenden Erfolg immer enger wurden, ließ Aenne Burda 1954 den heute berühmten, nach dem Architekten benannten „Eiermann“-Bau errichten, das neue Offenburger Verlagsgebäude. 1962 kam ein eigenes Fotostudio hinzu.
„Burda Moden“ boomte. Später kamen Titel wie „Burda-International", „Burda-Kochstudio", „Carina", „Anna" und „Verena" hinzu. Regen Absatz fanden auch Spezialhefte zum Stricken und Häkeln, zum Selbermachen von Puppen, zur Schulkindermode, zu Brautkleidern und Trachtenmode oder zum Weihnachtsbasteln. Aber Aenne hatte immer noch Expansionshunger und erschuf eine Burda-Versuchsküche: 1970 erschien das erste „Burda Kochbuch 1“ mit 300 Sammelrezepten – es verkaufte sich 1,5 Millionen Mal. Und die Druckauflage von „Burda Moden“ betrug 1973 erstmals zwei Millionen Exemplare. 1974 wurde die Zeitschrift in 18 Sprachen übersetzt und in 112 Ländern vertrieben, von der Schweiz bis Südamerika. Aenne eroberte die Welt.
Internationale Verbindung: Sonder-Botschafterin der Mode
„Das Ehepaar Burda verkörperte, neben Gründerfiguren wie Grundig, Neckermann und Axel Springer, das westdeutsche Wirtschaftswunder“, schrieb der „Spiegel“ 1987 rückblickend in einem Artikel über den „Denver-Clan von Offenburg“.
Aenne Burda erarbeitete sich ein großes Netzwerk und überwand dabei nicht nur kulturelle, sondern auch politische Barrieren. Diesen Triumph verdankte die Chefin des weltgrößten Modeverlags auch der Beharrlichkeit ihrer Manager. 1986 hatte sich eine sowjetische Regierungsdelegation in ihrer Offenburger Verlagszentrale über moderne Druckmaschinen informiert. Dabei zeigten sich Gorbatschows Abgesandte auch am Bestseller „Burda Moden" interessiert. Das Schnittmuster-Magazin galt bei Osteuropas Damenwelt als einer der heißesten Artikel, der auf dem Schwarzmarkt zu absurden Preisen zu kaufen war.
Ihr größter unternehmerischer Triumph als „Königin der Kleider“ gelang Aenne dann 1987, ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes: „Burda Moden“ wurde als erste westliche Zeitschrift in der Sowjetunion veröffentlicht. Mit einer Startauflage von 100 000 Exemplaren. „Do it yourself“ als sozialistischer Grundgedanke...
Und nicht Russlands Spitzenpolitiker, sondern deren Ehefrauen versammelten sich an einem Frühjahrstag 1987 im Säulensaal des Moskauer Gewerkschaftshauses. Die damals schon 77-jährige Anne Burda platzte fast vor Stolz, als ihr Moskau zu Füßen lag. „Was für eine ungeheure Begeisterung, so was kann man nicht wiederholen", schwärmte die Fashion-Verlegerin von dem Ereignis, das sie in ihren Memoiren als Höhepunkt ihres Unternehmerlebens beschreibt. Die Modenschau beim Klassenfeind – eine echte Kulturrevolution. Glasnost trifft Goodie Bag: „Mode kennt keine Grenzen“ stand auf den Burda-blauen Hochglanztüten, bestückt mit der ersten sowjetischen „Burda Moden“ und Beauty-Produkten, die die Gäste mit nach Hause nehmen durften.
Auch die modisch interessierte Raissa Gorbatschowa, Gattin des sowjetischen Parteichefs, verfolgte von daheim aus vor dem Fernseher die Übertragung der ersten westlichen Modenschau und begutachtete, wie deutsche Models in topaktueller Mode aus dem Westen über den Laufsteg defilierten. Samt Auftritten von Clowns des Moskauer Staatszirkus und Tänzerinnen des benachbarten Bolschoi-Theaters. Der umjubelte Höhepunkt: Brautmode zu Tschaikowskis Ouvertüre 1812. Zum Weinen schön. Das bewegte die russische Seele.
Beim „Gipfeltreffen“ der Mode am nächsten Tag lobte Raissa Aennes Geschäftsidee. „Alle Frauen in unserem Land sehnen sich nach Schönheit. Frau Burda, durch Ihre praktischen Anleitungen können unsere Frauen sich ihre schönen Kleider selber machen.“ Und die Schnittmuster wurden quasi zu einer Landkarte mit überwindbaren kulturellen wie politischen Grenzen.
Der Rubel rollte. Im Dezember 1987 unterzeichnete Aenne Burda ein Abkommen für einen Druck- und Verlagsbetrieb mit einer modernen Offset-Druckerei in Moskau. Ein mutiger Schritt, trotz Perestroika und Glasnost. Aber er zahlte sich aus. Ein Jahr später sicherte sich die badische Unternehmerin das Exklusivrecht für die Akquisition von Anzeigen in der ganzen Welt. Burda wurde zum „Nadelöhr für die Sowjetunion“. Mit der Regierungszeitung „Iswetija“ erreichen die westlichen Inserenten Millionen von Sowjetbürgern. Und das zentrale Unionsfernsehen strahlte aus der zentralen Beratungsstelle von Burda Moden Russland alle zwei Wochen die beliebte Fernsehsendung „Burda Moden empfiehlt“ aus. Das TV-Tor zum Westen. Auch heute noch leuchtet „Burda Moden“ in Messinglettern am Eingang des einstigen Mode-Tempels.
Zielbahnhof: Zukunft
Der damalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher fand anerkennende Worte für diese Leistung in Zeiten der Perestroika: „Aenne Burda zog auf ihre Weise und mit ihren Möglichkeiten den Eisernen Vorhang ein Stück zur Seite.“ Und er lobte die „Königin der Kleider" als „Sonderbotschafterin“: „Sie haben mehr geleistet als drei Botschafter vor Ihnen." Kein Mann hatte geschafft, was ihr als Frau gelungen war. Ihr, der Eisenbahnertochter aus Offenburg. Und Aenne Burda wurde in der Sowjetunion seitdem wie „eine Abgesandte einer Großmacht empfangen“, wie die „Bild"-Zeitung schrieb.
Oder, wie ihr guter Freund, Modezar Karl Lagerfeld, über die „Königin der Kleider“ sagte: „Was der Senator gemacht hat, war ja gut und schön, aber ohne Aenne hätte das alles nie existiert, das Mode-Imperium hat sie gemacht.“
Aenne Burda war die Mutter des Verlags. Und sie trug den Offenburger Erfolg hinaus in die Welt. Damit begann auch die Expansion in die osteuropäischen Märkte. 2008 brachte der Burda Verlag Osteuropa 135 Zeitschriften in neun osteuropäischen Ländern heraus. „Damals hatte Burda in Russland den gleichen Stellenwert wie Coca-Cola“, sagte Winfried Blach, einst Geschäftsführer der Burda Eastern Europe Publishing Group.
1994, als es „Burda Moden“ sogar in China gab, ging ihr Modeverlag im familieneigenen Burda-Konzern unter Führung ihres jüngsten Sohnes Hubert auf. Da verbuchte ihr Verlag nach 45 Geschäftsjahren einen Umsatz von 172 Millionen DM. Und erst mit 87 Jahren zog sich Aenne Burda komplett aus dem Geschäft zurück. Doch ihr Erbe hat Bestand.
Burda Style, wie „Burda Moden" heute heißt, erscheint auch im Zeitalter von „Fast Fashion“, Zara und H&M - heute in 17 Sprachen in über 100 Ländern. Der Beitrag von Aenne Burda für das heutige Unternehmen, Hubert Burda Media, war fundamental und machte den ehemals kleinen Offenburger Verlag auf der ganzen Welt bekannt. Ein maßgeschneidertes Erfolgskonzept.
Teil 2 des TV-Spielfilms „Aenne Burda – Die Wirtschaftswunderfrau“, mit anschließender Dokumentation über die „echte“ Aenne Burda, läuft am 12.12. um 20:15 Uhr in Das Erste.
Und im Making-of des Film gibt es spannende Einblicke hinter die Kulissen.