Bist du in einem kreativen Tief? Hier verrät dir Michael Pfötsch, Creative Principal bei C3, das ultimative Geheimrezept für mehr Kreativität. Damit kommen die Ideen wie von selbst!
Ich werfe einen Blick auf die Zahlen und ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken. Wie konnte das passieren? Die Kampagne hat doch beim letzten Mal gut funktioniert. Warum also scheitert sie jetzt? Meine Gedanken rasen: Was habe ich übersehen? Was habe ich falsch gemacht? Doch es spielt sowieso keine Rolle mehr. Selbst wenn ich den entscheidenden Moment ausmachen könnte, wäre es zu spät. Ich raufe mir die Haare. Das Schlimmste ist, dass mein Team zwei Jahre harte Arbeit und unzählige Stunden in dieses Projekt gesteckt hat. Ich muss mir eingestehen: Ich habe einen Fehler gemacht.
Ich bin Petra, Geschäftsführerin von BurdaMedia Extra, und heute erzähle ich euch von einem meiner größten Fehler. Als CEO bin ich ständig auf der Suche nach Wachstumsmöglichkeiten und neuen Ideen, um unsere Marken voranzubringen; doch manchmal läuft nicht alles nach Plan. 2018 glaubten mein Team und ich, wir hätten das ultimative Erfolgsrezept gefunden – aber wir lagen falsch. Das vermeintliche Erfolgsrezept unserer Kampagne „Marianne Days“ erwies sich als Flop.
Die „Marianne Days“ sind ein viertägiges Shopping-Event, das wir jedes Jahr im September in Tschechien und der Slowakei veranstalten – etwa wie der Black Friday in anderen Ländern. Wir arbeiten mit 450 Partnerfirmen aus den Bereichen Beauty, Mode und Elektronik zusammen, die über 600 Rabatte anbieten. Unsere Leser:innen finden diese Sonderangebote in den Marianne-Magazinen und in der Marianne Days-App. Das Event lockt jedes Jahr mehr als 500.000 Shoppingbegeisterte an und bringt uns eine Gewinnspanne von 50 Prozent. Da die Kampagne seit über 20 Jahren erfolgreich ist, dachten wir: Warum nicht eine ähnliche Veranstaltung für unsere anderen Marken entwickeln? So entwarfen wir eine Frühlingsversion der "Marianne Days" und nannten sie "Shopping Fever".
Das Konzept war ähnlich, aber mit einem Twist: Wir haben das Event um drei unserer Marken gestrickt, statt nur um eine. Wir hofften, dass die Zielgruppen genauso begeistert wären, Rabatte in ihren Lieblingsgeschäften zu erhalten und unsere Magazine sowie Rabattcodes im Onlineshop zu nutzen.
Leider sah die Realität anders aus. Kurz gesagt: Im ersten Jahr war es ein totaler Misserfolg. Die Auswertung der Zahlen zeigte, dass wir mehr ausgegeben als eingenommen hatten. Dennoch blieb ich optimistisch. Vielleicht brauchte das Konzept des "Shopping Fever" einfach nur Zeit, um sich zu etablieren und von den Kunden akzeptiert zu werden. Ich war überzeugt, dass es beim zweiten Mal besser laufen würde – doch auch hier irrte ich mich.
Ich erinnere mich, wie ich niedergeschlagen nach Hause kam, mein Mann empfing mich. Ich setzte mich an den Küchentisch und klagte ihm mein Leid über alles, was schiefgelaufen war: Natürlich hatte uns die Corona-Pandemie nicht gerade in die Karten gespielt, aber auch ohne sie hätten wir wahrscheinlich nicht viel besser abgeschnitten. Ich war wütend und enttäuscht von mir selbst: Warum hatte ich all das nicht früher erkannt? Es war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Wir versuchten, eine völlig andere Zielgruppe mit anderen Erwartungen anzusprechen und mischten dann auch noch drei Marken in einer Veranstaltung, was die Leute nur noch mehr verwirrte.
Es war eine emotionale Achterbahnfahrt. Während viele sich in Krisensituationen zurückziehen, musste ich darüber sprechen. Mit meinen Kolleg:innen aus dem Team teilte ich meinen Frust und meine Verwirrung. Ohne sie wäre ich mit meinen Gedanken und Sorgen allein gewesen; gemeinsam konnten wir uns austauschen. Wir hatten alle schlaflose Nächte und ein flaues Gefühl im Magen – es beruhigte mich zu wissen, dass wir nicht allein waren. Dieser Zusammenhalt gab uns sogar Hoffnung, dass wir die Situation vielleicht noch retten könnten.
Und genau das haben wir versucht. Meeting um Meeting analysierten wir jedes Detail und suchten verzweifelt nach einer Lösung für das Chaos, das wir verursacht hatten. Wir waren uns bewusst: Es gab keinen einfachen Ausweg. Schließlich, nachdem wir alle Optionen geprüft hatten, kamen wir zu dem schmerzhaften Entschluss: „Shopping Fever“ musste eingestellt werden. Diese Entscheidung war nicht nur finanziell schwerwiegend, sondern auch emotional belastend. Es war besonders hart, meinen Teamkolleg:innen, die zwei Jahre lang ihr Herzblut in das Projekt gesteckt hatten, die schlechte Nachricht zu überbringen. Sie hatten alles gegeben, und nun musste ich den Stecker ziehen. Und das Schlimmste war: Ich hätte das verhindern können, wenn ich all das vorhergesehen hätte.
Aber das ist die Realität – Fehler gehören zum Leben dazu. Wir experimentieren mit neuen Ideen, und während die meisten gut funktionieren, geht die eine oder andere daneben. Und das ist in Ordnung. Mit "Shopping Fever" hatten wir keinen Erfolg, aber wir haben wichtige Lektionen gelernt. Unsere größte Erkenntnis? Erfolg ist nicht kopierbar. Was für eine Marke funktioniert, garantiert nicht den Erfolg für eine andere; es gibt keine universelle Lösung für Markenstrategien.
Die schwierigste Lektion war zu lernen, dass es manchmal Zeit ist, loszulassen; auch wenn man sein Herzblut in etwas steckt. Mein Team und ich mussten das auf schmerzhafte Weise erfahren. Doch der Rückhalt meines Teams half mir, nach vorne zu schauen. Wir alle wussten, dass ein Weitermachen uns nicht den erhofften Erfolg gebracht hätte. Im Gegenteil, es hätte die Entscheidung, das Projekt zu beenden, nur noch schwieriger gemacht.
Würde ich nächstes Mal etwas anders machen? Auf jeden Fall. Aber würde ich diesen Fehler ausradieren, wenn ich könnte? Niemals. Denn es sind genau diese Fehltritte, aus denen wir lernen und wachsen. Fehler zu machen ist nicht nur unvermeidlich – es ist notwendig, um voranzukommen. Und ganz ehrlich: Fehler helfen, den richtigen Umgang mit Stolpersteinen zu finden.
Für alle, die auf ein Happy End warten: Wir haben doch noch alles zum Guten gewendet – mit den "Marianne Days 2.0: Spring Edition". Dieselbe Marke, dasselbe Publikum – nur zu einer anderen Jahreszeit. Und wisst ihr was? Unseren Kunden gefällt es genauso gut wie uns.
Von Petra Fonda
Wir alle machen Fehler – und genau darum soll es in unserer Content-Reihe ‚Mein bester Fehler‘ gehen: Welche Fehler Führungskräfte bei Burda gemacht haben, und vor allem: was sie daraus gelernt haben. Denn Fehler sind nicht schlimm, sie gehören zum Leben dazu. Und oft können wir gerade aus ihnen am meisten lernen.