DLD Munich
18.01.2020

Standing Ovations für den Kampf gegen Fake News

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„What are you adding?“ Das Motto des DLD Munich ist ein Weckruf und zugleich eine Aufforderung zum Handeln. „Was bringst Du ein?“ Diese Frage riefen DLD-Gründerin Steffi Czerny und Yossi Vardi, Chairman von DLD, Europas wichtigster Digitalkonferenz, den Teilnehmern bei ihrer Eröffnungsrede zu: „Letztes Jahr stand ich hier und habe mehr Optimismus und Mut gefordert. Dieses Jahr geht es einen Schritt weiter und ich frage Euch: What are YOU adding? Schaut in Euren eigenen Kosmos – welchen Beitrag könnt Ihr in Eurem direkten Umfeld leisten? Der Blick für das große Ganze ist wichtig, aber jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Scheut Euch nicht, diesen Schritt zu tun!“

Entstanden ist die Idee zum diesjährigen Motto während einer Unterhaltung zwischen Steffi Czerny mit Clara Barnett, Beraterin für digitale Inklusion beim Department for International Development der britischen Regierung. Barnett erinnerte bei ihrem Vortrag daran, dass Technologie das Potenzial habe, alle Menschen einzubeziehen: „Fast die Hälfte der Weltbevölkerung ist immer noch offline. Nur eine kleine Gruppe profitiert vom großen Nutzen dieser Entwicklung. Es muss nicht so sein, aber wenn es so bleibt, riskieren wir, Milliarden von Menschen zurückzulassen. Fragt Euch alle: Wie lösen Eure Produkte und Eure Dienstleistungen die großen globalen Missstände?“

„Ohne Wahrheit gibt es kein Vertrauen“

“Wenn eine Lüge tausend Mal wiederholt wird, wird sie zur Wahrheit. Ohne Wahrheit gibt es kein Vertrauen”: Maria Ressa weiß, wovon sie spricht. Die philippinische Journalistin setzt sich unermüdlich für die Meinungsfreiheit und Demokratie in ihrer Heimat ein und hat dafür bereits ihre persönliche Freiheit geopfert. Für ihre Berichte über den Drogenkrieg und die Korruption in den Philippinen wurde sie bereits mehrfach inhaftiert.

„Journalismus wirft Licht auf die Wahrheit“

Kämpferisch und mutig berichtete sie den DLD-Teilnehmern von ihrer Arbeit: „Die Aufgabe von Journalismus ist es, Licht auf die Wahrheit zu werfen“, erklärte Ressa und stellte den Teilnehmern die Frage, die nicht oft genug gestellt werden kann, nicht aber ohne eine Antwort dafür nachzuschieben: „What are you adding? Fangt mit dem an, was um euch herum ist – räumt euer Informationsumfeld auf, deckt Unwahrheiten auf.“

Person of the Day

“Time Magazine” ernannte Ressa zur „Person of the Year“ 2019 – bei DLD Munich war Ressa „Person of the Day“ und erntete für ihren Auftritt tosenden Applaus und Standing Ovations.

In einem anschließenden Panel mit Sinan Aral, dem führenden Social-Media-Experten am MIT, und dem ehemaligen „The Pirate Bay“-Betreiber Peter Sunde vertiefte Ressa das Thema Demokratie und Meinungsfreiheit im digitalen Zeitalter. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass dem Journalismus angesichts der veränderten Informationsverbreitung im digitalen Zeitalter eine besondere Bedeutung zukommt.

Seismograph für Veränderung

Paul-Bernhard Kallen, CEO von Hubert Burda Media, betonte dies ebenfalls in seiner Rede: „Wir Medienleute sind eine Art Seismograph dessen, was sich in der Welt verändert. Wir sehen die Veränderungen schneller und wollen mit Plattformen wie DLD unseren Beitrag leisten und wichtige Diskussionen anstoßen."

Demokratische Standards!

Und die Diskussionen auf den Bühnen und zwischen den Teilnehmern erstreckten sich über den ganzen ersten DLD-Tag: In einem Panel sprachen der EU-Abgeordnete Axel Voss, die Chinesin Li Xin von Caixin Global und der Autor Andrew Keen über die Zukunft des Internets und welche Rolle dabei Europa spielen werde. „What are you adding, Europe?“

Die Antwort von allen fiel klar aus: „Demokratische Standards!“ Während China sehr agil sei und sich schnell auf neue Märkte einstellen könne, seien die USA Vorreiter in Sachen digitaler Infrastruktur und Innovation – Europas Stärke sei der demokratische Ansatz und habe mit der Umsetzung der DSGVO, die Axel Voss als EU-Abgeordneter mit verhandelt hat, einen bemerkenswerten Schritt in die richtige Richtung geleistet, so Xin.

Digitale Zukunft der Gesundheitsbranche

Der Gesundheitsminister Jens Spahn sprach auf der DLD-Bühne über Europas Zukunft im Bereich Digital Health. Während viele Menschen arglos über Health Tracker, wie Fitbits, ihre Gesundheitsdaten mit Konzernen wie Google teilen, sei es immer noch schwer, Teile der Bevölkerung davon zu überzeugen, Wissenschaftlern Gesundheitsdaten zur Verfügung zu stellen: "Wir müssen den Menschen erklären, dass die Nutzung von Daten für die Gesundheitsforschung wirklich etwas bewirken kann.“

Was mit solchen anonymisierten Daten möglich wäre, stellte im Anschluss Stefan Vilsmeier, der mit Big Data in seinem Unternehmen Brainlab die Gehirnchirurgie revolutioniert hat, vor. Brainlab produziert ein softwarebasiertes Navigationssystem für die Neurochirugie. Vilsmeier richtete sich in seiner Rede direkt an Gesundheitsminister Jens Spahn: „Um unsere Entwicklungen voranzutreiben, brauchen wir Daten von Patienten. Es muss eine öffentliche Debatte über die Nutzung von Krankendaten erfolgen, damit die Wissenschaft und Forschung auf diesem Bereich nicht ausgebremst wird.“ Zusammen mit Florian Weiß von Jameda, und Rjesh Jena von der University of Cambridge, diskutierte er Chancen und Risiken für die Gesundheitsbranche.

"Schon bald werden tausende genmanipulierte Babys geboren." Mit Zitaten wie diesen provoziert der Science-Fiction-Autor, Experte für Zukunftstechnologien sowie Geopolitik, Jamie Metzl. Eines seiner derzeit großen Themen: Gentechnik. Vor kurzem wurde er in das beratende Expertenkomitee der WHO für die Bearbeitung des menschlichen Genoms berufen. Auch sein neues Buch „Der designte Mensch“ dreht sich darum, welche Möglichkeiten Gentechnik bietet und welche Verantwortung daraus erwächst.

Himmel und Erde

Manchmal hilft es, die Perspektive zu wechseln und die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Catherine Coleman ist eine Frau, die das im wahrsten Sinne des Wortes getan hat: Die ehemalige Astronautin ist drei Mal ins Weltall geflogen. Ihre größte Erkenntnis aus dieser Erfahrung ist: "Dort oben ist es egal, woher jemand kommt. Ländergrenzen verschwimmen – daraus können wir alle etwas lernen." 

Über den Weltraum unterhielten sich auch Harriet Brettle von Astroscale, Moriba Jah von der University of Texas, Regina Peldszus von DLR und Daniel Porras vom United Nations Institute for Disarmament Research – genau genommen über die Vielzahl der Satelliten, die die Menschen in den vergangenen Jahrzehnten in den Orbit geschossen haben und die seitdem teilweise unkontrolliert um die Erde kreisen. Diese Entwicklung müsse beobachtet werden, sonst stürtze irgendwann der Weltraumschrott auf die Erde zurück. Der Zustand gleiche der Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll.

Die Meere werden aber nicht nur von Plastikmüll verschmutzt, sondern auch von kaputten Schleppnetzen, die in den Ozeanen treiben und eine Gefahr für Tiere darstellen – Maren Lee von WWF hat eine Sonar-basierte App entwickelt, mit der diese in den Meeren aufgespürt werden können. Dies ist nur eins von sechs Projekten, die mit dem Einsatz von Technologie dazu beitragen, die Umwelt zu schützen.

Während das Programm des ersten DLD Munich-Tages sich langsam dem Ende neigte, hallte auf den Gängen in der Alten Kongresshalle in München noch lange die Frage des Tages zwischen den Teilnehmern, die aus aller Welt zusammengekommen waren, nach. Am Sonntag geht es weiter mit einer Reihe von Vorträgen, bei denen weitere internationale Experten und digitale Vordenker dem DLD-Motto nachgehen „What are YOU adding?“.

Kostenfreies Bildmaterial zur redaktionellen Nutzung finden Sie hier auf Flickr.

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Weitere Impressionen & Downloads

Clara Barnett (Government Digital Service, UK) (c) Andreas Gebert / Picture Alliance for DLD / Hubert Burda Media

EU-Abgeordneter Axel Voss, Chinesin Li Xin von Caixin Global und Autor Andrew Keen (c) Andreas Gebert / Picture Alliance for DLD / Hubert Burda Media

Maria Ressa (c) Picture Alliance for DLD

Jens Spahn, Gesundheitsminister (c) Picture Alliance for DLD

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