Thunder
27.07.2017

Das Burda-CMS

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Mit Thunder hat Hubert Burda Media ein Content-Management-System entwickelt, das als Open-Source-Technologie nicht nur Burda-Marken wie Instyle, Bunte und Playboy zur Verfügung steht, sondern allen Publishern weltweit – und zwar kostenlos. Ingo Rübe, CTO der Burda Magazine Holding und Initiator von Thunder, erklärt im folgenden Interview, wie das Open-Source-System Thunder funktioniert und warum das Ganze nichts mit Altruismus zu tun hat.

Warum hat Burda mit Thunder ein eigenes CMS entwickelt? Es gibt doch schon so viele auf dem Markt.

Wir hatten früher viele unterschiedliche Content-Management-Systeme im Einsatz, darunter proprietäre Systeme, Eigenentwicklungen und verschiedenste Open-Source-Technologien. Das wurde zum Problem, da wir als Verlag zunehmend mit Einflüssen von außen umgehen müssen. Nehmen wir etwa den Mobile Shift: Immer mehr Menschen nutzen unser Angebot unterwegs auf dem Tablet oder dem Smartphone. Die Websites mussten natürlich daran angepasst werden. Und in Zukunft werden wir immer öfter und schneller auf solche technologischen Änderungen reagieren müssen. Es ist wirtschaftlich nicht tragbar, auf jede dieser Veränderungen durch jede Marke individuell zu reagieren.

Wir haben deshalb entschieden, ein übergreifendes Redaktionssystem einzuführen, dass alle unsere Digital-Marken nutzen können. Auf diese Weise können neue Funktionen gemeinsam und vor allem nur noch einmal entwickelt und bereitgestellt werden: Wenn ein Verlag eine bestimmte Funktionalität braucht – beispielsweise ein Modul für die Werbeanbindung – kann er dieses entwickeln oder entwickeln lassen. Das fertige Thunder-Modul steht dann allen Burda-Marken zur Verfügung.

Im September 2015 wurde Playboy.de als erste Burda-Marke auf Thunder relauncht – und das obwohl Drupal 8 damals noch im Beta-Status war. Schon zwei Monate später folgte der Relaunch der Instyle.de, der bewies, dass durch die Vorarbeit vom Playboy Zeit und Kosten gespart werden konnten. In weiteren Launches wie Elle, Harpers Bazaar usw. haben wir dann gesehen, dass unser Konzept aufgeht: Die Verlage wurden eine Community, die Arbeitslast wurde verteilt und die Launches wurden schneller und immer günstiger.

Da wussten wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind – hin zu einem perfekten Content-Management-System für Publisher.

Was unterscheidet Thunder von anderen Open-Source-CMS wie Wordpress?

Wordpress ist wie ein Hausbau, bei dem eine riesige Menge unterschiedlicher Fenster, Türen oder Schornsteine verstreut herumliegen. Um das Haus zu bauen, wählt man einige Komponenten aus und schaut dann, ob das Haus stehen bleibt.  Man kann sich lediglich an den Bewertungen anderer Nutzer orientieren, um zu entscheiden, ob ein Bauteil etwas taugt oder nicht. Das ist für den Bauherrn natürlich sehr risikoreich.

Thunder hingegen ist ein Fertighaus: Zwar darf auch hier jeder neue Komponenten entwickeln – doch das Thunder-Core-Team prüft und entscheidet, was in den Thunder-Baukasten aufgenommen wird und was nicht. So stellen wir sicher, dass alle Teile zueinander passen.  Der Bauherr kann dann selbst noch schickere Wasserhähne im Bad einbauen. Aber alles steht auf einem soliden, geprüften Fundament.

Dass Communitys ungesteuert und chaotisch sein müssen, ist eines der großen Missverständnisse in Sachen Open-Source: Zwar kann jeder Verlag den Thunder-Code einsehen, als Grundlage für sein System verwenden und neue Module dazu entwickeln. Das bedeutet aber nicht, dass diese Module automatisch ein Teil von Thunder werden. Wir tragen die Verantwortung dafür, dass Thunder funktioniert, und prüfen daher sehr genau, ob ein Vorschlag zum System passt und unseren Qualitätsvorstellungen entspricht, bevor wir ihn annehmen.

Warum ist Hubert Burda Media überhaupt so altruistisch, ein eigens entwickeltes System als Open-Source-Technologie an andere Verlage zu geben?

Dass Open-Source mit Altruismus gleichgesetzt wird, ist tatsächlich ein Mythos und komplett falsch. Alles was mit Open-Source passiert, hat einen zumindest langfristigen wirtschaftlichen Hintergrund. Es geht immer darum, Geld zu verdienen.

Wir können im ersten Schritt mit Open-Source vor allem sparen: Die Kosten der Relaunches, des Betriebs und der Weiterentwicklung unserer Sites konnten wir bereits massiv senken. Wir mussten keine Lizenzgebühren zahlen und durch den Austausch von Modulen und Erfahrungen ergaben sich Synergieeffekte. Die Betriebskosten sinken natürlich auch massiv, wenn man nur noch ein System betreibt.

Indem wir Thunder mit der Open-Source-Community teilen, verstärken sich diese Synergieeffekte: Nicht nur wir, sondern auch andere Verlage entwickeln neue Module, korrigieren Fehler und verbessern somit das bestehende System. Davon profitieren wiederum auch unsere Marken.

Lass uns über Geld sprechen. Wie und für wen rentiert sich Thunder?

Inzwischen laufen allein in Deutschland dreizehn Burda-Seiten auf Thunder. Das Geld, das wir dabei ausgegeben haben, hätten wir in jedem Fall in die Hand nehmen müssen, um unsere Seiten für die mobile Ansicht zu optimieren, und wie erwähnt konnten wir dabei viel sparen. Wir haben also nichts verloren – nebenbei aber eine Community rund um Thunder aufgebaut.

Nun beginnen auch andere Verlage damit, Thunder-Projekte aufzusetzen. Dafür brauchen sie Thunder-Entwickler, die ihnen dabei helfen. Knapp 20 IT-Firmen sind bereits auf den Zug aufgesprungen und setzen auf Thunder.

Das Spannende daran ist, dass diese Firmen für uns – in eigenem Interesse – Marketing und Vertrieb übernehmen. Und zwar ohne, dass wir dafür Geld bezahlen. Außerdem entwickeln sie mit ihren eigenen Ressourcen oder im Auftrag von Verlagen neue Thunder-Module, die dann der ganzen Community, also insbesondere Burda, zugutekommen. Auf diese Weise ist rund um Thunder eine kleine Ökonomie entstanden, die 2017 bereits zweistellige Millionenumsätze generiert. Natürlich verstehen alle, dass Thunder eine Burda-Initiative ist. Das stärkt unser Image als ‚Tech and Media Company‘ und hilft uns beispielsweise am Personalmarkt für IT-Fachkräfte.

Zusammengefasst: Wir gewinnen. Und andere Verlage gewinnen, weil sie ein nahezu perfektes System bekommen, das sie kostenlos verwenden und weiterentwickeln können. Und die IT-Unternehmen gewinnen, weil sie ihr Geschäft weiter entwickeln. Insgesamt also eine Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

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