Im Oktober startete ein neuer Jahrgang Nachwuchs-Journalist:innen an der Burda Journalistenschule. Um Nachwuchskräfte untereinander zu vernetzen, sind BurdaForward und BJS eine Kooperation eingegangen.
Dutzende Interessierte bewerben sich jedes Jahr für ein redaktionelles Praktikum bzw. für ein Volontariat an der Burda Journalistenschule (BJS). Journalist zu werden, ist nach wie vor ein Traum vieler junger Menschen. Im Interview gibt Nikolaus von der Decken, Leiter der Burda Journalistenschule, einen Ausblick darauf, welche Fähigkeiten für Nachwuchskräfte 2017 essenziell sind.
Herr von der Decken, Medien müssen heute teilweise einiges einstecken – warum ist es für viele junge Menschen dennoch nach wie vor ein Traum, Journalistin oder Journalist zu werden?
Beruf ist Berufung, jedenfalls wenn er mit Leidenschaft ausgeübt wird. Bei unseren Volontären spürt man viel von dieser Begeisterung, andere Menschen mit immer neuen Themen zu begeistern, zu informieren oder auch sie zu berühren. Dieser Idealismus scheint ein Stück weit krisenfest zu sein. Aber es gibt auch einen klaren Trend: Der Männeranteil an den deutschen Journalistenschulen geht spürbar zurück. Das liegt vermutlich daran, dass Gehalts- und Karrierechancen schwerer einzuschätzen sind als noch vor einigen Jahren. Es scheint, dass Männer darauf besonders achten. Durch den hohen Anteil an Frauen-Marken ist Burda von diesem Trend weniger betroffen. Dennoch: Vier bis fünf Männer pro Jahrgang wären gut. Aber das schaffen wir nicht in jedem Jahr.
Was ist anders als vor 20 Jahren?
Die Verbreitung journalistischer Inhalte hat sich dramatisch verändert. Heute kann jeder, egal ob verantwortungsbewusster Journalist, sachlicher Beobachter, Demagoge oder Lügner seine Meinung verbreiten und dabei – zumindest theoretisch – Reichweiten erzielen, die über jenen der seriösen Medien liegen. Das verantwortungsvoll ausgeführte und zugleich komfortable Oligopol der alten Medienwelt bröckelt. Wer heute nicht lernt, wie gute journalistische Inhalte schnell, erfolgreich und auffindbar erstellt und verbreitet werden, wird kein Gehör finden – und umso schneller Gefahr laufen, gegen Populisten, Socialbots und Trolle zu verlieren.
Wie können Journalisten diesem Trend begegnen?
Neben hoher Qualität ist Technologie einer der Schlüssel. Wer ihr nicht offen begegnet, wird es in dem Beruf sehr schwer haben. Dazu muss man kein Mathematiker sein. Aber man sollte Spaß daran haben und erkennen, dass Technologien die Möglichkeiten, die Kreativität und die Erfolgschancen für Journalisten erhöhen können. Journalismus bestand noch nie nur aus Schreiben.
Was bedeutet das für die journalistische Ausbildung an der BJS?
Sie ist dual, digital ausgerichtet und sehr praxisorientiert. Die Schüler lernen neben den journalistischen Darstellungsformen und Arbeitsweisen, technologieübergreifende Inhalte für verschiedene Marken und Zielgruppen zu entwickeln und sowohl textlich als auch visuell aufzubereiten. Dazu gehören auch die Grundlagen von HTML und – fast noch wichtiger – die Kompetenz, mit Codern und Designern zusammenarbeiten zu können.
Was unterscheidet die BJS von anderen Ausbildungsinstitutionen in Deutschland?
Vor allem der ausgeprägt multimediale Ansatz und die Vermittlung von Kompetenzen beim Aufbau digitaler journalistischer Marken. Oft hören wir von Gästen oder ehemaligen Volontären, dass sie gerne nochmal bei uns in die Ausbildung gehen würden. Das ist nicht wortwörtlich zu verstehen, aber es freut uns natürlich.
Wie sieht dieser multimediale Ansatz konkret aus?
Der neue Jahrgang entwickelt Marken in kleinen Teams nach modernen Methoden wie Design Thinking. Die Schüler orientieren sich dabei streng an den Userbedürfnissen und erlernen zugleich die Möglichkeiten – und Grenzen – der Monetarisierung. Derzeit entstehen auf diesem Weg acht sehr spannende Medienmarken, die mit den Instrumenten des Online-Marketings nach und nach vergrößert werden. Dazu haben wir Vertreter von Facebook, Google und Co. eingeladen, die den Journalistenschülern erklären, wie man die Plattformen für Journalisten erfolgreich nutzt.
Social Media spielen eine immer größere Rolle, SEO – was wird für Journalisten außerdem wichtiger?
Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Bereich Video. Den Einschätzungen von Facebook zufolge wird in fünf Jahren 80 Prozent des Contents aus bewegten Bildern bestehen und die Huffington Post Deutschland hat kürzlich eine Woche lang alle Geschichten in bewegten Bildern erzählt. Die BJS hat daher die Video-Ausbildung deutlich ausgebaut.
Dennoch gibt es Grundfähigkeiten, die jeder Journalist – heute wie vor 20 Jahren – gelernt haben sollte. Wie vermittelt diese die BJS?
Trotz neuer Schwerpunkte verlieren wir die klassischen journalistischen Grundlagen nicht aus den Augen. Die journalistischen Darstellungsformen gehören genauso dazu wie Recherche, Interviewtechniken, Foto und Presserecht. Um das zu verdeutlichen, planen wir Anfang 2017 einen Reportage-Wettbewerb im Rahmen der Ausbildung. Die Gewinnertexte und Autoren werden im Burda-Intranet „Inside“ vorgestellt.
Wie können Interessierte am einfachsten herausfinden, ob sie Journalist werden möchten?
Der beste Weg ist ein Praktikum in einer Wunschredaktion. Hier lernt man den Redaktionsalltag kennen, entwickelt Themenideen, recherchiert und verfasst eigene Beiträge für Print und Online. Informationen zur Ausbildung und zum Bewerbungsprozess an der BJS finden Interessierte hier. Und wer sich direkt über die Tätigkeiten und Erfahrungen unserer Journalistenschüler informieren möchte, kann das auf unserem BJS-Blog tun.