Wir haben uns mit Jeremy Tillman, President von Ghostery, darüber unterhalten, wie sich die Zusammenarbeit mit Cliqz verändert hat und welche Auswirkungen die Coronakrise auf die Privatsphäre im Internet hat.
Fast ein Jahr schon ist es her, dass Burda seine Search Technologie Cliqz (heute Tailcat) und ihr Entwicklerteam in das US-amerikanische Unternehmen Brave Software eingebracht hat. Wer dachte, dass hiermit die Erfolgsgeschichte von Cliqz und der Kampf von Burda für ein offenes Internet, in dem die Menschen die volle Kontrolle über ihre Daten haben, beendet sei, liegt allerdings falsch. Cliqz-Gründer Jean-Paul Schmetz erklärt im Interview, warum die Suchtechnologie von Cliqz ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Brave ist, wie sein Team mit Research nach wie vor beim Kampf gegen Google unterstützt und warum wir alle ohne einen sicheren Browser nicht mehr im Web surfen sollten.
Als die Pandemie im Jahr 2020 begann, wurde uns klar, dass wir keine Unterstützung von der bayerischen, deutschen und europäischen Regierung für die weitere Entwicklung von Cliqz erhalten würden, wie sie uns die Jahre zuvor mehrfach versprochen wurde. Wir beschlossen, die benutzerseitigen Produkte von Cliqz (vor allem den Cliqz-Browser) zu schließen, aber die Ghostery-Produkte (10 Mio. aktive Nutzer) und das Suchteam weiter zu betreiben. Tatsächlich kontaktierten uns daraufhin rund ein Dutzend Unternehmen, die unsere Suchmaschine übernehmen wollten. Sechs Monate später hatten wir zwei Kandidaten, die um Tailcat (den Codenamen unserer Suchmaschine) kämpften. Am Ende erhielt Brave den Zuschlag und Burda neben der Verkaufssumme auch Anteile an Brave, das heißt Burda ist über Cliqz ein Aktionär von Brave.
Brave ist ein datenschutzzentrierter, auf Chromium basierender Browser, der wie Cliqz für ein offenes Internet kämpft, in dem die User nicht ausspioniert werden. Es freut mich deshalb sehr, dass Brave überaus erfolgreich ist als Browser und mittlerweile mehr als 50 Millionen monatliche Nutzer verzeichnen kann, mehr als 16 Millionen Menschen nutzen täglich den Browser mit 360.000 neuen Installationen pro Tag. Brave Search erreicht 10 Millionen Suchanfragen pro Tag und wächst sehr sehr schnell (27% pro Monat!): Der Konkurrent Duck Duck Go brauchte fünf Jahre, um das gleiche Niveau zu erreichen, das Brave in 6 Monaten erzielt hat. Das ist eine großartige Bestätigung der globalen Bewegung, die von Nutzern angeführt wird, die Alternativen zur Überwachungswirtschaft suchen.
Der Erfolg von Brave hängt unmittelbar mit der Cliqz-Suche zusammen, denn diese wurde vollständig in die Brave-Suche integriert und wird von ehemaligen Cliqz-Mitarbeitern kontinuierlich weiterentwickelt. Es macht mich stolz, dass unser Team und unser Produkt somit in Brave weiterlebt und tagtäglich Nutzern hilft, sicher im Internet zu surfen.
Neben unsere Suchtechnologie, die vollständig in die Brave-Suche integriert wurde, versorgen wir Brave und Neeva, eine Suchmaschine, die von mehreren Ex-Top-Managern von Google entwickelt wurde und direkt mit Google konkurriert, mit wichtigen Forschungsdaten für die Weiterentwicklung ihrer Produkte. Burda ist also nach wie vor aktiv am Kampf für mehr Privatsphäre im Netz beteiligt.
Bei Ghostery entfernen wir immer noch Tracker aus dem Web für fast 10 Millionen Nutzer und Google ist hier bei weitem der größte Tracker. Wir messen auch nach wie vor das Ausmaß des Trackings im Web und leider nimmt dieses nach wie vor nicht ab. Siehe hier. Ich kann nur empfehlen, den Brave- oder Ghostery-Browser herunterzuladen, um das Tracking im Web zu minimieren. Wer Safari auf dem iPhone verwendet, sollte sich unbedingt das Ghostery-Add-on herunterladen, um das Tracking auch dort unterbinden. Auch Chrome oder Edge sollten nicht ohne Ghostery verwendet werden, denn nur dann ist ein sicheres Surfen möglich.