Kununu
25.07.2024

Wieso Mental Health ein strategisches Thema ist

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„Ich kann nicht mehr.” Eineinhalb Jahre ist es her, dass eine Mitarbeiterin mit diesen Worten zu mir kam. Ich bin bei Kununu die Chefin von 240 Mitarbeiter:innen und arbeite seit mehr als 20 Jahren in Führungspositionen. Trotzdem war dieser Satz das erste Mal, dass ich in meinem direkten beruflichen Umfeld mit der psychischen Gesundheit einer Kollegin konfrontiert wurde. Was sagt das über unsere Arbeitswelt aus? Denn Probleme mit der mentalen Gesundheit sind keine Ausnahmesituation – sondern für viele Menschen in allen Berufen belastender Alltag.

Seit meine Kollegin so offen auf mich zugekommen ist, habe ich viel über das Thema nachgedacht. Und viel gelernt. Zum Beispiel, wie wichtig Offenheit ist – nicht nur bei den Betroffenen, sondern gerade auch bei den Unternehmen: Sie müssen Mental Health als Teil ihrer Strategie begreifen, wie man ein modernes Unternehmen führt. 

Die strategische Bedeutung von mentaler Gesundheit 

Ich komme gebürtig aus Großbritannien. Dort versteht man den auch im deutschsprachigen Raum genutzten Social-Media-Trendbegriff „Mental Health“ nicht nur als rein privates Thema, um das man sich mit Coaches und Mediator:innen kümmert und das teilweise esoterisch angehaucht ist. Der Begriff hat auch eine gesellschaftliche und damit unternehmerische Dimension: Die psychische Gesundheit der Menschen hat einen großen Einfluss darauf – und wird gleichzeitig durch sie bedingt – wie wohl man sich am Arbeitsplatz fühlt. Oder anders gesagt: Physisch und psychisch gesunde Mitarbeiter:innen sind deutlich leistungsfähiger. Es liegt daher im Interesse aller Unternehmen, das Thema psychische Gesundheit in die eigene Strategie zu integrieren. Zum Beispiel in Form einer verständnisvollen Unternehmens- und Feedbackkultur, oder bei der Frage, wie Gehälter verhandelt und welche Weiterbildungen angeboten werden. Wenn Mental Health nicht ernst genommen wird, schadet das allen.

Ich bin überzeugt, dass der Wandel zu mehr Offenheit von den Führungskräften abhängt, davon, wie aufgeschlossen sie für das Thema sind. Das ist übrigens auch eine Generationenfrage: Nach wie vor sind Führungskräfte – vor allem in hohen Positionen – relativ alt. Sie kommen aus einer anderen Zeit, große Offenheit gegenüber den Mitarbeitenden ist für sie oftmals ungewohnt. Dabei ist es eine der wichtigen Aufgaben von Führungskräften, offen und ehrlich mit ihren Kolleg:innen zu sprechen. Oft erfährt man so Dinge, von denen man nichts wusste: Dass es den Eltern gerade nicht gut geht. Dass im Haus nebenan seit Wochen morgens ab 7 Uhr der Bohrer geht. Oder dass der Partner vor zwei Wochen den Job verloren hat. Ganz normale Geschichten – die sich aber auf unsere Gefühlslage und am Ende auf unsere Arbeit auswirken. Und die berücksichtigt werden müssen, wenn unsere berufliche Leistung beurteilt wird. 

Die neuen Forderungen der Generation Z 

Die Gen Z – diejenigen, die zwischen den späten 1990er- und frühen 2010er-Jahren geboren wurden – stellen viele vermeintliche Selbstverständlichkeiten des Arbeitslebens infrage: Sie wollen sich nicht zwischen Karriere und Work-Life-Balance entscheiden, sondern, na klar, beides. Ist das Faulheit? Das glaube ich nicht. Die Gen Z will etwas erreichen, stellt sich aber ganz andere Fragen als frühere Generationen: Welche Daseinsberechtigung hat ein Unternehmen? Wie tragen Firmen zum Klimawandel bei oder dämmen ihn ein? Wie wird auf ihre individuelle Situation eingegangen? Gute Antworten auf diese Fragen sind für die Gen Z von unschätzbarem Wert. Vom Unternehmen erfordert es, sich mit diesen Themen wirklich auseinandersetzen.  

Warum denken Unternehmen nicht öfter darüber nach, was sie für die eigenen Leute leisten können? Firmen setzen sich wochenlang, monatelang, jahrelang mit Markstrategien auseinander und verfeinern die Leistungen für Kund:innen. Aber am Ende sind es die Mitarbeiter:innen, die mit den Kund:innen arbeiten und das Unternehmen nach außen repräsentieren. Wenn Firmen in die Innenwahrnehmung genauso investieren wie in die Außenwahrnehmung, kommt meistens der Erfolg. 

Mentale Gesundheit ist mehr als ein Trendthema  

Der Wille zur Veränderung wird sich in Zukunft auszahlen. Mental Health ist kein Trendthema, das bald abflaut. Die Studien sind eindeutig: Ausfälle wegen psychischer Erkrankung kommen seit Jahren häufiger vor und dauern immer länger – besonders bei der jüngeren Generation. Unternehmen und Führungskräfte müssen sich dringend überlegen, wie sie mit ihrer Belegschaft umgehen wollen – um auch langfristig für Arbeitnehmer:innen attraktiv zu bleiben. Der Arbeitsmarkt wird sich immer verändern (müssen), und das ist auch gut so.  

Ich rate daher allen Bewerber:innen, im Bewerbungsgespräch direkt nach Mental Health zu fragen. Die Antworten geben viele Informationen über den Arbeitgeber preis: Denkt die Firma überhaupt über das Thema nach? Nimmt sie es ernst? Kann ich mich dort mental sicher fühlen? Bewerber:innen haben durch solche Fragen nichts zu verlieren; wo solche Fragen komisch ankommen, sollte man einen Bogen um die Firma machen. 

Ein offener Umgang mit mentaler Gesundheit ist das Beste, was Mitarbeitende und Unternehmen tun können. Das zeigt auch die anfangs erwähnte Geschichte meiner Kununu-Kollegin, die ich nicht erwähne, weil ich glaube, alles richtig gemacht zu haben – sondern weil viel Hoffnung darin steckt: Im Gespräch haben wir vereinbart, dass sie sich sofort von der Arbeit zurückzieht und alle Zeit nimmt, um wieder gesund zu werden. Nach ein paar Wochen kehrte sie langsam wieder in ihren Job zurück. Was mich tief beeindruckt hat: Wie offen sie damit umging, sie hat sich buchstäblich nach vorne gestellt und ihre Geschichte im ganzen Unternehmen erzählt. Sie ist ein echtes Vorbild und ein Gewinn für Kununu – wo sie bis heute arbeitet. 

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